Warum finanzielle Existenzangst ein systemisches Problem ist
- S.T.
- 29. Aug.
- 4 Min. Lesezeit

„Was, wenn ich den Umgang mit Geld nie lerne?“
„Wie ist eigentlich mein Mindset mit Geld?“
„Bin ich schuld daran, dass ich nachts wachliege, weil ich Angst vor der Zukunft habe?“
Vielleicht erkennst du dich in diesen Fragen wieder. Vielleicht sitzt du, wie ich, mitten im Leben, beruflich erfolgreich und gleichzeitig gefangen in diesem unsichtbaren Netz aus Rechnungen, Erwartungen und dem Gefühl, es nie wirklich im Griff zu haben.
Das Paradoxe ist, von außen sieht es nach Stabilität aus. Job, Einkommen, Alltag – läuft. Aber innen? Da lauert die ständige Sorge, dass eine finanzielle Krise alles kippen könnte. Die Angst, dass eine Kündigung, ein Auftragsloch oder einfach nur das verdammte, aktuelle Rentensystem reicht, um den Boden unter den Füßen zu verlieren.
Und genau hier beginnt das eigentliche Problem: Diese finanzielle Existenzangst ist kein individuelles Versagen. Sie ist ein systemisches Problem, tief verwoben mit der Art, wie wir als Frauen aufwachsen, arbeiten und in der Gesellschaft gesehen werden.
Das Dilemma: Zwischen Kontrolle und Ohnmacht
Ich war mal eine „Geld-Versagerin": klug, gebildet, verantwortungsbewusst, aber mein Verhältnis zu Geld war wie eine toxische Beziehung. Statt Klarheit zu erhalten, bekommst du Schuldgefühle. Du willst Sicherheit, doch da ist immer Unsicherheit.
Auf der einen Seite will man Kontrolle – Budgets, Sparpläne, Rücklagen. Auf der anderen Seite spürt man diese lähmende Ohnmacht: Die Preise steigen, das Gehalt stagniert, und die Zukunft wirkt wie ein schwarzes Loch.
Und dann kommen die Selbstvorwürfe:
„Hätte ich früher investieren sollen?“
„Warum weiß ich eigentlich so wenig über Geld?“
„Bin ich einfach zu naiv oder zu bequem?“
Dieses Dilemma frisst Energie. Es macht misstrauisch gegen sich selbst. Und es ist genau das, was das System von Frauen erwartet: dass sie sich selbst für ihre finanzielle Existenzangst schuldig fühlen – statt zu erkennen, dass die Spielregeln unfair geschrieben sind.
Frauen und Geld: Ein Erbe voller Unsichtbarkeit
Schauen wir uns die Vergangenheit an. Jahrhundertelang hieß es „Das macht der Mann“. Männer haben Geld verdient, verwaltet, investiert. Frauen haben gepflegt, gespart und gehofft.
Die Spuren davon tragen wir noch heute. Selbst Frauen, die selbständig oder in Führungspositionen sind, kämpfen mit einem Grundgefühl von „nicht kompetent genug“ bei Finanzen (und anderen Fähigkeiten). Kein Wissen über Geld zu haben – das ist nicht persönliches Versagen, das ist ein kollektives Erbe.
Das perfide daran ist: wir wurden auf „Sparen“ getrimmt, nicht auf „Vermögensaufbau“. Auf „Absichern“, nicht auf „Gestalten“. Auf „Statusdenken Frau“ – das perfekte Zuhause, die richtige Kleidung, die perfekte Mutter. Aber selten auf Selbstbestimmung über Zahlen, Konten, Investitionen.
So bleibt Geld für viele Frauen abstrakt, bedrohlich oder schlicht langweilig. Und genau das hält sie klein.
Warum Geld ein systemisches Problem ist
Stell dir vor, du spielst ein Spiel, bei dem die Regeln gegen dich laufen – und dann sagt man dir: „Du musst dich einfach mehr anstrengen.“ Willkommen im realen Finanzleben für Frauen.
Frauen verdienen im Schnitt weniger („Gender Gap“) – immer noch.
Frauen arbeiten öfter in Teilzeit, um Kinder oder Elternpflege zu stemmen.
Frauen werden auf Sicherheit sozialisiert, Männer auf Risiko. (Ist meine Meinung.)
Das Ergebnis davon ist, dass Frauen weniger Vermögen aufbauen, im Alter weniger Rente haben und gleichzeitig die gleiche (wenn nicht höhere) mentale Last tragen.
Kurz gesagt: Frau und Geld – das ist kein fairer Deal, sondern ein strukturelles Ungleichgewicht. Und solange Finanzbildung, Zugang zu Kapital und gesellschaftliche Erwartungshaltungen ungleich verteilt sind, bleibt die finanzielle Existenzangst von Frauen ein systemisches Problem.
Dein Geld-Mindset: Wie du dich selbst blockierst
Jetzt kommt der heikle Teil. Auch wenn das System unfair ist – dein eigenes Geld-Mindset spielt auch eine Rolle.
Viele Frauen, so auch ich, haben so Überzeugungen wie:
„Ich habe keine Ahnung von Zahlen.“
„Ich bin nicht der Typ für Finanzen.“
„Irgendwie wird es schon reichen.“
Diese innere Programmierung sabotiert dich, weil sie dich in Passivität hält. Statt aktiv nach Möglichkeiten zu suchen, bleibst du in der Ohnmacht hängen.
Dich hat zwar das System so konditioniert – aber es lebt davon, dass du die Schuld bei dir suchst. Das ist die perfideste Form von Kontrolle: Dich glauben zu lassen, du seist zu schwach, zu dumm oder zu bequem.
Die Wahrheit ist, du bist nicht zu wenig. Du bist nur in ein Spiel geboren, das du nie erklärt bekommen hast.
Humorvolle Wahrheit: Politik & Banken würden mit deinem Alltag scheitern
Wenn Politiker oder Banker mal eine Woche deinen Finanzalltag leben müssten – sie würden nach drei Tagen aufgeben. Miete, Inflation, Stromnachzahlungen, Versicherungen, Rente – alles (unter Umständen alleine) jonglieren, ohne Netz.
Das zeigt: Nicht du bist „chaotisch“ oder „unfähig“. Das System ist chaotisch. Du kämpfst nur darin. Deine finanzielle Krise ist nicht deine persönliche Blamage, sondern ein Spiegel der gesellschaftlichen Schieflage.
Zeit für Rebellion – aber mit Feingefühl
Du musst jetzt nicht laut auf die Straße ziehen (außer, du willst). Aber du darfst leise rebellieren. Indem du das Tabu brichst. Indem du dich mit anderen Frauen austauschst. Indem du sagst: „Ja, ich habe finanzielle und berufliche Existenzangst – und nein, das ist nicht mein persönliches Versagen.“
Deine stille Rebellion beginnt damit, das Problem beim Namen zu nennen. Und dir zu erlauben, Fragen zu stellen:
„Wie möchte ich künftig mit Geld umgehen?“
„Was brauche ich, damit ich nachts ruhig schlafen kann?“
„Wo lasse ich mich noch vom System kleinhalten – und wo entscheide ich selbst über meinen Weg?“
Denn Freiheit entsteht nicht durch „alles richtig machen“. Freiheit entsteht, wenn du die Spielregeln erkennst – und dich entscheidest, eigene Wege zu gehen.
Sei mutig für einen Neuanfang
Es ist an der Zeit, dich selbst nicht länger als Problem zu betrachten, sondern als Teil der Lösung. Du kannst dein Geld-Mindset hinterfragen, neue Werkzeuge lernen und dich wappnen.
Ich begleite Frauen wie dich genau an diesem Punkt: raus aus der Selbstverurteilung, hin zu mentaler Selbstverteidigung und stillen, klaren Neuanfängen.
Wenn du spürst, dass es Zeit ist, deine Angst vor Geld in Kraft zu verwandeln, dann lass uns reden.
Oder teile in den Kommentaren deine Ideen zu diesem Thema. Ich finde es sehr wichtig und würde mich sehr über Austausch freuen.




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